5. April 2020

Love, Peace & Happiness

Als der Lockdown ausgesprochen wurde, sagte ich zu einem Freund: "Das ist eine Chance für uns Menschen. Wir werden an den Grund geführt und werden dankbarer und demütiger aus dem Ganzen raus kommen." Er meinte: "Ich glaube das Gegenteil wird der Fall sein. Jeder wird nur noch auf sich schauen."

In den ersten Tagen war ich einfach müde. Ich genoss die sehr schnell einkehrende Ruhe. Und ich musste mal gar nichts. Ich machte viel Yoga, begann wieder zu lesen und versuchte neue Rezepte aus. Ich war völlig bei mir und es fühlte sich gut an.

Als der Bundesrat dann beschloss, dass Unterstützungsgelder gesprochen werden, ging es los. Ich wurde gefragt, ob ich denn schon dies gemacht hätte und jenen Antrag gestellt. Bis ich den Antrag bei der SVA erledigen konnte, hing ich ein paar Stunden am Netz bis es endlich klappte. Das reichte mir mal vorerst. Die Sorgen, Panik und Anfragen anderer schreckten mich ab und taten mir nicht gut. Und vorallem merkte ich wie sich ein unglaubliche Wut breit machte. Ich ärgerte mich über Mitbürger, die es noch nicht kapiert hatten, wie sie sich verhalten sollen. Ich ärgerte mich noch viel mehr über Bekannte, die bis anhin komplett über ihren Verhältnissen gelebt haben und sich nun wie die Hyänen auf die gesprochenen Gelder stürzten. Ich nervte mich über Leute, die allem und jedem die Schuld gaben und nicht bei sich selber suchen. Und ich ärgerte mich am meisten über mich selber, dass ich mich ärgere.

All meine Skills als Coach und Yogalehrerin konnte ich für mich grad nicht anwenden. Ich liess mich dazu verleiten bei meiner Vermieterin den Antrag auf Mieterlass oder Mietreduktion zu stellen. Verleiten? Ich wäre nicht auf die Idee gekommen. Ich bin von dem Schlag: Wenn du’s dir nicht leisten kannst, dann kannst du es nicht haben. Umgehend bekam ich die Antwort der Vermieterin, dass dies nicht möglich sei und ich ja beim Bund oder Kanton einen Kredit aufnehmen könne.

Puh und endlich flossen die Tränen. Alles was sich aufgestaut hatte, floss stundenlang meine Wangen runter. Sogar im Schlaf ging das Weinen weiter. Endlich gingen die Schleusen meiner Emotionen auf. Und endlich gab ich mich hin. Den Gedanken, dass ich total gescheitert bin. Dass ich alles verloren habe. Dass nichts in das ich investiert habe, etwas gebracht hat.

Endlich kam der Coach in mir wieder. Ist das wahr? Kannst du mit absoluter Sicherheit sagen, dass das wahr ist, was du über dich denkst?

Und wenn ich als Klient zu mir ins Coaching gehen würde, dann würde der Coach trocken sagen: Meine Liebe, wenn du es nicht kriegst, dann brauchst du es auch nicht. Dann ist es nicht dein Thema. Um was geht es wirklich?

Es geht darum, dass ich nicht bei mir geblieben bin. Ich habe mich auf andere Situationen und Meinungen eingelassen. Es geht darum, dass ich verschiedentlich aufgefordert worden bin, ich solle doch online-Stunden geben und die Leute in der Krise als Coach unterstützen. Es ist aber so, dass wenn ich selber nicht zurecht komme, nicht andere Menschen unterstützen kann und online-Stunden nicht meins sind. Und es ist vorallem so, dass ich nicht weiss, was ich eigentlich noch von meinen Arbeitsbereichen machen möchte und welche mich eh schon seit längerer Zeit ankacken. Es ist die Spirale des Opfers. Eigentlich könnte ich mich selber neu erfinden. Einfacher ist es mich in die Panik zu begeben und aufzählen, was nun alles schwierig ist.

Und endlich konnte ich all dies in Worte fassen. Und ich konnte über meine Wut, meine Ängste, mein Scheitern, meine Zuversicht und meinen ungebrochenen Glauben, dass alles besser wird, sprechen. Und dann erzählten die anderen. Mein hochgeschätzer Coach-Kollege in Palma, meine Soulmate in Israel, eine Freundin vom Land, meine Yogakollegin in Frauenfeld und mein Lieblingsmensch in Zürich, sie alle durchleben diese Emotionen und ich bin unendlich dankbar über die offenen Gespräche und die gegenseitige Unterstützung.

Meine Töchter sagten: „Mami hör mal uf Opfer si!“ Nun gut, meine Töchter mögen mich am liebsten in der Version „all good“. Doch diesmal musste ich ihnen recht geben.

Es ist wie es ist. Wenn ich mein Geschäft halten kann, dann ist es der richtige Weg. Wenn ich meine Firma schliesse, dann kommt ein neuer Weg. Ich bin wieder bei mir. Und das gibt mir eine unglaubliche Ruhe und Kraft. Es gibt mir die Leidenschaft und Tatkraft meine Projekte wieder in den Angriff zu nehmen.

Lass dir nicht sagen, was du müsstest oder solltest. Wenn du soviel Unruhe spürst, dann lass dir nicht sagen, dass alles wieder gut ist, wenn du Yoga machst, eine Meditation oder ein Fitnessprogramm. Verbinde dich mit deinen Emotionen. Schrei, wenn dir danach ist. Weine, wenn die Tränen fliessen. Und dann wirst du den Weg in die Ruhe finden.

Und Yoga, Meditation und Fitnessprogramme unterstützen dich dann auch.;-)

Wenn alles nichts bringt, kannst du auch einen Termin mit mir vereinbaren oder ich kann dir jemanden empfehlen.

Nutzen wir die Chance und setzen uns mit uns selber auseinander. Damit wir durch diese Zeit dankbarer und demütiger neue Wege gehen können.

Ich wünsche dir Love, Peace & Happiness.

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Cooler Text!👍👍👍

Danke liebe Regula, das freut mich sehr.

liebe jeanine
so ehrlich geschrieben… du hast so was von recht… es geht mir sehr ähnlich…
diese zeit ist eine chance, diese zeit ist aber auch eine prüfung….so empfinde ich das… ich übe jeden tag wirklich bei mir zu sein… fehlerfreundlich zu sein… grosszügig zu sein mit meinen mitmenschen… das zu machen wozu ich lust habe… es ist wie es ist.
danke für deinen blog😊 liebgruss
in verbundenheit, luzia

Liebe Luzia
Herzlichen Dank für deine lieben Worte.
Fühl dich gedrückt
Jeanine