18. September 2018

Wie alt bisch?!

Als Kind wurde ich gefragt, was mein Lebensziel sei. Ich antwortete sofort: Ich will eine schöne alte Frau werden. Später stellte mir ein Ex-Freund ständig so grosse Fragen. Als dann die Lebenzielfrage kam und ich ihm sagte, dass ich eine schöne alte Frau werden wolle, fiel ihm die Kinnlade runter und er fragte mich mindestens drei Mal, ob ich das ernst meine. Ex-Freund eben.

Wenn sich Dinge genau richtig anfühlen, halte ich mich nicht mit dem Warum auf. Ich liebte meine Grossmütter und ich liebte, dass sie alt und schön waren. Vielleicht ist das der Grund.

Seit Jahrzehnten antworte ich auf die Frage: Wie alt bisch? mit: 17! Die 17 kommt aus der Pistole geschossen. Sie gehört zu meinen Lieblingszahlen. 17, das ist noch nicht 18, da will man alles, darf es offziell noch nicht. Und so ist alles noch viel abenteuerlich. 17 ist aufregend. Mit 17 ist man noch Nahe an dem Kind und volle Pulle auf dem Weg zu allem anderen. Ich finde es auf jeden Fall gesund, wenn jeder sich eine grosse Portion 17 bewahrt.

Ich hatte Zeiten in denen ich die ewig Jüngste war. Zeiten mit nur Gleichaltrigen. Ich liebte es schon als Kind den Grossen zu zuhören. Und ich finde es immer noch total spannend wenn mir Menschen, die älter sind als ich, Geschichten erzählen. In meinem Beruf arbeite ich mit Kindern, Jugendlichen, mit jungen Erwachsenen, mit allen folgenden und mit richtig alten Menschen. Und ich liebe ihre Geschichten, ihre Sichtweisen und Erfahrungen. Beruflich halte ich es für dringend notwendig, dass wir unsere Generationen durchmischen. Dass wir von Erfahrungen profitieren und von neuen Technologien und modernen Herangehensweisen. Ich finde es ziemlich geil, wenn meine Kids oder die von anderen mit zeigen wie die Welt geht. Ich finds aber auch ziemlich geil, etwas an andere weiter zu geben.

Und da war ich diesen Sommer an einer Fortbildung. Es irritierte mich etwas, dass die anderen Teilnehmer alle im gleichen Alter waren, etwa 10 Jahre jünger als ich. Interessant war die Dynamik und, dass ich mir das erste Mal wie ein Fossil vorkam. Es war nun nicht so, dass die Gruppe besonders cool war – sorry für das habe ich genug Rock’n’Roll in meinem Leben. Doch war die Dynamik, dass man mir in den Gesprächen immer wieder zu verstehen geben wollte, dass „in unserem Alter“ und „in unserer Generation“ es eben so und so sei. Öh ich war irritiert. Als dann eine Teilnehmerin sagte: „Ach die Jeanine, die ist unser Gruppen-Mami!“, platzte mir der Kragen. Wenn so Sprüche von einem 18-jährigen Fussballer kommt, ist das ja ok. Die sind im Alter meiner Kids. Meine bis dahin anhaltende Zurückhaltung löste sich – Bäng – in Luft auf: „Dass wir das klar gestellt haben: Ich bin nicht euer Mami. Denn so alt bin ich nicht. Und so jung seid ihr schon gar nicht mehr.“ Du danach gings mir richtig gut und ich kam mir weder wie ein Fossil vor, noch irritierte mich irgendwas.

Mein Lebensziel ist es immer noch eine schöne alte Frau zu werden. Schöne Zeiten zu geniessen, schwere Zeiten zu überstehen und daran zu wachsen, damit sich das Schwere in Schönheit wandelt. Ich arbeite mit jung und alt. Ich umgebe mich mit den leidenschaftlichen und begeisterten Menschen. Ich will mit denen sein, die mich so lieben wie ich bin. Und dann gehe ich auch weiterhin an Konzerte. Und sei auf der Hut, wenn du mich an einem Hip-Hop-Konzert antriffst und mich blöd anfiggen willst. Ich bin so was von Oldschool, da war deinem Papi seine Samenproduktion gar noch nicht im Gange. Und bevor du nicht ODB persönlich getroffen hast (Anmerkung: Wu-Tang-Claner und tot), sei still. Und wenn du jetzt immer noch wissen willst wie alt ich bin: Ich wurde an einem 1. April gezeugt, kam zu Silvester auf die Welt und Roadrunner der Animals wurde in dem Jahr releast. Und ich finde die Daten und der Song passen hervorragend zu mir. Cheers!

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