1. Juli 2018

Yoga und ich – 1 – Rückblick

Yoga mache ich nicht freiwillig. Yoga mache ich, wenn alles richtig weh tut. Und dann hilft es. Und sobald es besser geht, lass ich Yoga wieder links liegen. Bewegung war für mich schon immer Lebenselixier – für meinen Körper und meinen Geist. Ich liebte alles was mich an Grenzen brachte, vor allem das klassische Ballett.

Gebremst hat mich ein 300 Kilo schwerer Schrank, der mir bei einem Job auf den Oberschenkel krachte. Damals gab es als Therapie Krücken, 2 Sessions Elektrotherapie, das wars. Ich humpelte fast ein Jahr rum. Ballett-Training oder anderes war nicht mehr möglich. Es begann ein Wechselbad von immer neuen Versuchen wieder in das Training einzusteigen und Schmerzen. Was hätte ich drum gegeben, wenn es damals all das Wissen von heute der Sportärzte, Physios und Osteopathen gegeben hätte.

Mental waren Bewegungsabläufe und wie sich der Körper anfühlen müsste, eingebrannt in meinem Hirn. Der Körper ging andere Wege.

 Dann nahm mich eine Nachbarin mit ins Yoga. Meine Yogalehrerin war genau die richtige. Sie liess mich leiden und meine inneren Kämpfe austragen. Ich ging regelmässig hin. Spass hatte es mir nicht gemacht. Doch das erste Mal ging es meinem Körper besser und ich konnte sogar wieder in ein Tanztraining einsteigen.

Grosse mentale Heilung von meinem Unfall erlebte ich als ich schwanger wurde. Ich war in einem Tanztraining und fand alles unglaublich blöd und hatte keine Lust mitzumachen. Danach ging ich heim und machte einen Schwangerschaftstest und war so erlöst davon, dass ich nun alle Trainingsambitionen sein lassen kann. Ich spazierte und badete jeden Tag stundenlang. Ich verfiel ohne geplantes Zutun in meditative Zustände und sang das Ohm, weil es sich mit dem Baby im Bauch so toll anfühlte.

Jahre später ging ich wegen ständiger Schwindelattacken zum ersten Mal zu einem Osteopathen. Die Behandlung verliess ich wie ein junges Reh. Die Beschwerden waren nach dem Lösen der Blockaden an meiner Wirbelsäule verschwunden.

Dies ermöglichte mir meine Rehabilitation zu erleben. Ich wurde Personaltrainerin, unterrichtete Pilates und Rückengymnastik. Mein Wissen konnte ich an andere weitergeben und war so erfolgreich, dass ich mich selbstständig machte.

Da mir die Bewegung nicht reichte, bildete ich mich im mentalen Bereich aus und führe seit 6 Jahren eine Praxis für mentales Coaching. Ich bin so begeistert von meiner Arbeit, dass ich immer weniger in der Bewegung arbeitete. Dies und das Älterwerden hatten zur Folge, dass ich in den letzten drei Jahren mal Beschwerden mit einem Fuss, Knie oder Schulter bekam. Immer wieder musste ich mit meinem Fitnesstraining pausieren.

Als letzten Sommer meine Mutter im Sterben lag, sass ich stundenlang neben ihr. Meist schlief sie und ich sass in einem Sessel im lichtdurchflutenden Raum. In diesen Tagen sinnierte ich über mein Leben. Über das was wichtig ist und das was ich sein lassen möchte. Ich fragte mich, was sind die Dinge, die du in deinem Leben tun möchtest. Oft verfiel ich in einen meditativen Zustand bei dem das Denken sich auflöste. Und dann kamen die Antworten für die Dinge, die wirklich wichtig sind. Eine Antwort war, dass ich die Ausbildung zur Yogalehrerin machen möchte. Ich überprüfte diese Antwort, weil sie in meinem Denken nie Platz hatte. Sie fühlte sich richtig an, ohne, dass ich sie erklären kann.

Nachdem meine Mutter gestorben war, fanden wir uns im Trubel der Dinge, die erledigt werden mussten. Erst um die Weihnachtszeit fand ich Zeit zu trauern.

In den ersten Wochen dieses Jahres merkte ich, dass ich Mühe hatte mich den Dingen zu widmen, die mir wichtig sind. Die schwere Erkrankung meines Vaters löste eine Wiederholung der schwierigen Zeit des letzten Sommers aus.

Und dann kam ich an den Punkt wo meine Seele und meine Körper so schmerzte, dass ich mir sagte: Jeanine jetzt hilft nur noch Yoga.

Ich praktiziere mit einer Yoga-App seit einer Woche täglich Yoga. Mir tut alles weh. Die Anweisungen: und wenn du an deine Grenzen kommst, fühle dich ganz leicht etc. hasse ich. Ich könnte der Dame mit der sanften Stimme jedes Mal eine runterhauen.

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