27. März 2020

Der Schlaf der Yogis

Yoga Nidra ist eine passive Form des Yogas. Es ist eine kurze, knackige und sehr wirksame Einheit, sich von Alltagsgedanken zu lösen. Es lässt sich gut über Mittag praktizieren und danach kann ich wieder voller Energie meine Aufgaben angehen.

Ein Text von Claudia Meili aus "Pulssport" vom März 2020

Yoga Nidra ist ideal für alle, die in ihrer Arbeitswoche etwas für ihr Stressmanagement tun wollen. Es kann von jeder Person praktiziert werden, ist eine reine Entspannungstechnik und enthält keine Körperübungen. Das 30-minütige Praktizieren von Yoga Nidra komme drei bis vier Stunden Schlaf gleich. «Yoga Nidra wirkt bei Stress, Unruhe, Schlafmanko, Müdigkeit, Prüfungsstress und steigert das allgemeine Wohlbefinden und die Lebensqualität», sagt Jeanine Fuhlrott von der Freerebel-Praxis. Sie ist ausgebildete Yoga-Lehrerin und bietet in ihrer Praxis neben Yoga, vor allem Coachings, Seminare und Workshops an.

Wie funktioniert Yoga Nidra?

Während der Yoga Nidra Übung pendelt der Geist zwischen entspanntem Wachzustand und Dämmerschlaf hin und her, ähnlich dem Zustand bei der Hypnose, im Unterschied zur Hypnose dehnt sich das Bewusstsein aber viel weiter aus und es werden keine direkten Suggestionen gegeben. Die einzige Suggestion liegt im Sankalpa, dem Entschluss, enthalten und die gibt der Übende sich selber. Bei Yoga Nidra wird man immer wieder aufgefordert, wach zu bleiben.
Die Praxis Freerebel befindet sich zentral in Winterthur. Jeanine Fuhlrott unterrichtet Yoga Nidra im klassischen Sinn seit zwölf Jahren. Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung im Coaching weiss sie, dass die Menschen oft nicht wissen, was sie brauchen, damit es ihnen gut geht. «Sie reden nur von ihrem Problem.» Yoga Nidra helfe, Dinge zu klären.
Heute sind wir zu dritt. Wir decken uns mit Matten, Kissen und Decken ein. Ich liege entspannt auf dem Rücken, Kissen unter den Knien, meine Augen sind geschlossen. Es folgt die Herstellung der inneren Stille und eine kleine Anfangsentspannung.

Der Vorsatz, sprich Sankalpa

Der Sankalpa ist ein Vorsatz, Entschluss oder ein Herzenswunsch, den man für sich vor der Übung fasst und der in seinem Leben wichtig ist. Dieser Entschluss ist ein wichtiger Bestandteil des Yoga Nidra. Mit einem Sankalpa könne man bestimmte Ziele oder Veränderungen erreichen, Verhaltensmuster auflösen oder einen Heilungsprozess unterstützen. «Dein Sankalpa sollte positiv, einfach und in der Gegenwart formuliert sein», erklärt uns die Yoga-Lehrerin und nennt ein paar Beispiele:
• Ich bin befreit.
• Ich bin gelassen.
• Ich bin erfolgreich in allem, was ich tue.
• Ich schlafe ruhig.

Die physische Entspannung

Das Kreisen der Wahrnehmung ist ein Bodyscan durch den ganzen Körper. Dabei wird die Wahrnehmung relativ rasch von einem Körperteil zum nächsten geführt, so dass man gerade mental dorthin fühlen kann, ohne lange zu verweilen. Jeanine Fuhlrott sagt: «Bleibe während der gesamten Übung wach.»
Wir atmen bewusst und entspannt in die jeweiligen Körperteile. Häufig wird auch das gedankliche Zählen der Atemzüge benutzt, wodurch sich die Entspannung noch vertieft. «Einatmen, zähle auf 5, langsam ausatmen, zähle auf 5, Atempause, zähle auf 5…»
Nun werden Gegensatzpaare von gegensätzlichen Empfindungen aufgerufen (rechts/ links, schwer/leicht usw.), um eine Verbindung der beiden Hirnhemisphären herzustellen und einen harmonisierenden Einfluss auf das Gehirn auszuüben. Im letzten Drittel der Übung – wenn das Bewusstsein tief entspannt ist – werden verschiedene Bilder in schneller Reihenfolge visualisiert. «Es können Bilder auftauchen, nochmals erlebt und aufgelöst werden.»

Die Reise durch die 7 Chakras

«Der Einbezug der Chakren ins Yoga Nidra hilft meinen Schülern, die wichtigen Themen von Körper und Geist zu entwickeln», erklärt die Yoga-Lehrerin. Die sieben Haupt-Chakren befinden sich entlang der Wirbelsäule bzw. in der senkrechten Mittelachse des Körpers: das Wurzel-, Sakral-, Solarplexus-, Herz-, Hals-, Stirn- und das Kronenchakra. Yoga Nidra dient zur Harmonisierung der Chakren. Mit Hilfe der Übungen lassen sich Blockaden in den Chakren, den feinstofflichen Energiezentren lösen, was helfen kann, zu mehr Klarheit, Entspannung und Wohlbefinden zu gelangen. Die einzelnen Übungen behandeln jeweils ein bestimmtes Chakra und dienen der Harmonisierung.
Dieses Mal widmen wir uns dem fünften Chakra, dem Halschakra. Hier geht es um Raum, Ausdruck, Kommunikation, Wahrheit und Offenheit. Der Sankalpa heisst: Ich schenke mir meinen Raum. Die Farbe ist blau. «Wiederhole innerlich deinen Sankalpa drei Mal für dich», fordert sie uns auf. Das Unterbewusstsein ist durch die tiefe Entspannung nun besonders aufnahmebereit für positive Gedanken und Vorsätze. Jeanine Fuhlrott sagt: «Der Sankalpa ist wie ein Samen, den man setzt und der mit dem gefassten Vorsatz wachsen kann.»
Die Übung endet mit einem behutsamen Herausführen aus dem yogischen Schlaf, zurück ins Hier und Jetzt. «Bewege nun langsam deine Hände, kreise deine Füsse, öffne die Augen und komm langsam wieder im Raum an.» Ich bin mir nicht sicher, ob ich die ganze Übung wach war, ich habe das Gefühl, eingeschlafen zu sein. «Auch wenn du dich nicht mehr an alles erinnern kannst, das Unterbewusstsein nimmt die Ansagen trotzdem auf», ist Jeanine Fuhlrott überzeugt. Egal, ob es einfach nur um entspannen geht, besser einschlafen, Ziele erreichen, Entscheidungen treffen, produktiver arbeiten oder seine spirituelle Seite entdecken – mit Yoga Nidra sei das möglich. Ich fühle mich leicht, irgendwie erholt und motiviert gehe ich zurück ins Büro. Yoga Nidra ist zu einem fixen Ritual in meinem Wochenplan geworden.

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Herzlichen Dank liebe Claudia fpr den schönen Artikel und deine regelmässige Teilnahme!
Herzlich
Jeanine